Neustadts Megaprojekt
Die Hafenwestseite soll in den kommenden Jahren grundlegend verändert werden. Umfangreiche Abrissarbeiten stehen bevor. Die LN gucken vor dem Baustart zurück auf die abwechslungsreiche und bewegende Geschichte zwischen Bahnhof, Marine-Gelände, Hospitalkirche und Hafenbrücke.
Fast 775 Jahre alt
Die Geschichte beginnt im Jahr der Stadtgründung. Schon 1244 bot sich die natürliche Wasserrinne, die von der Kremper Au durch das Binnenwasser bis hinein in die Ostsee führt, zum Bau eines Hafens an. Da verwundert es wenig, da sich der Hafen in Form seiner Fischer auch auf dem Wappen der Stadt wiederfindet.
Firmen siedeln sich an
1866 entsteht unweit der Eisenbahn ein vierstöckiger Speicher für den Handel mit Getreide, Kalk, Zement und Holz. Bauherr ist die Firma Janus. Das Gebäude mit der Fensterreihe stand bis 1959 in der Lienaustraße.
1879 übernimmt das Unternehmen, welches bis heute ansässig ist, die Holz-, Kalk- und Eisengeschäfte des Kaufmanns Jacob-Lienau.
Ein Fund für das Museum
1894 wird bei Baggerarbeiten im Hafen etwa vier Meter unter der Wasseroberfläche ein Einbaum gefunden - Alter unklar. Seit 1907 befindet es sich im Museum der Stadt. Es ist davon auszugehen, dass solche Schiffe in Neustadt gebaut wurden.
Eine der ersten größeren Werften soll sich laut Heimatforscher Johannes Hugo Koch unweit der Hospitalkirche befunden haben und das schon im 17. Jahrhundert.
Das Glück auf der Hafenwestseite
1926 läuft die Dosenmilch-Produktion im heutigen Haus der Manufakturen an. Die Glücksklee-Milchgesellschaft lässt sogar eine neue Kaimauer für die Anlieferung von Waren herstellen.
Kurz nach der Jahrtausendwende ist Schluss
Der zum Nestlé-Konzern gehörende Betrieb auf der Hafenwestseite wird im Jahr 2002 geschlossen. Im Januar des folgenden Jahres wird bekannt, dass Hansano 80 Mitglieder der ehemaligen Molkerei übernimmt. Bis dahin wurden 40 Millionen Liter pro Jahr nach Neustadt geliefert. Nun geht es für die Milch nach Upahl.
Der Hafen wird da längst von den Stadtwerken betrieben
Der Eigenbetrieb der Stadt Neustadt übernimmt den Betrieb 1950. Seitdem kümmern sich die Mitarbeiter um die Schiffe, die Getreide und Holz abholen. Wirtschaftlich ist das Geschäft nicht. Jedes Jahr endet mit einem Defizit.
In den 1990er Jahren boomt der Autohandel
Neustadt ist ein Hauptumschlagplatz für den Export von Gebrauchtwagen. 1997 werden 20331 Fahrzeuge verladen und verschifft. Das sind sogar 3000 mehr als ein Jahr zuvor. Drei Jahre später bricht der Handel ein.
Schrecklicher Unfall
Im gleichen Jahr stürzt ein Polizeihubschrauber in das Hafenbecken. Beamte aus Hamburg üben gerade die Rettung von Menschen aus dem Wasser, als das Seil des Rettungskorbs in den Rotor gerät. Zwei Besatzungsmitglieder und drei Taucher sterben.
Die Zukunfts-Diskussion beginnt im WM-Jahr 2006
Das Waterfront-Projekt sorgt für Wirbel: Politik, Bürger und Verwaltung reden immer wieder über den Bau von etwa 30 lukrativen Eigenheimwohnungen. Doch der Konflikt zwischen Wohnen und Gewerbe ist zu groß. Alles bleibt wie es ist.
Die Hafenwestseite wird zur Veranstaltungsfläche
Großveranstaltungen im Hafen locken spätestens seit 2010 Tausende Menschen an. Neben dem Tag der Küstenwache, finden in regelmäßigen Abständen das Hafenfeuer, die Skulpturen-Triennale und eine lange Zeit auch Drachenbootrennen statt.
Das Glücksklee-Gebäude wird zum Haus der Manufakturen
Der erste Baustein für eine Neugestaltung der Hafenwestseite dürfte rückblickend im Jahr 2011 bewegt worden sein. Damals wird das mehr als 7000 Quadratmeter große Bauwerk saniert. Fitnessstudio, Anwälte, Architekten, Fotograf und die LN ziehen ein.
Der Hafen wird fit gemacht
Die Stadtwerke investieren 2014 und 2015 viel Geld in die Ausbaggerung des Hafens. Für Frachtschiffe sind sechs Meter Tiefe erforderlich. Rund 6500 Kubikmeter werden abtransportiert. Zuvor wurde das Becken zuletzt Mitte der 1990er Jahre freigeschaufelt.
Nach dem Serien-Aus muss auch der Fanclub gehen
Mitte 2014 gibt das ZDF überraschend bekannt, dass die Serie "Küstenwache" eingestellt wird. 18 Monate später wird der Fanclub, der sich bis dahin im Haus der Manufakturen befand, aufgelöst. Ein Verlust, insbesondere im Sommer besuchten zahlreiche Urlauber die Ausstellungsräume.
Historische Entscheidung
Im Februar 2016 beschließt die Neustädter Stadtverordnetenversammlung die touristisch-maritime Entwicklung der Hafenwestseite. Das Projekt nimmt Fahrt auf, ein städtebaulicher Wettbewerb folgt. Die Sieger werden 2017 bekannt gegeben.
Die Verwaltung arbeitet
In den vergangenen Monaten wurde das Projekt vorangetrieben. Im September 2019 soll der städtebauliche Vertrag mit dem Grundstückseigentümer geschlossen werden.
So könnte die Hafenwestseite irgendwann aussehen
Mit diesem Entwurf gewann die Arbeitsgemeinschaft der Büros Elbberg Stadtplanung aus Hamburg, TGP Landschaftsarchitekten und TMH Architekten (beide aus Lübeck) beim städtebaulichen Realisierungswettbewerb zur Um- und Neugestaltung. Was davon realisiert wird, bleibt abzuwarten.
Impressum
Lübecker Nachrichten
Herrenholz 10-12
23556 Lübeck
Konzepte, Texte und Layout
Sebastian Rosenkötter
Videos
Sebastian Rosenkötter
Fotos
Sebastian Rosenkötter, Louis Gäbler, Ulf-Kersten Neelsen, LN-Archiv